WIR IM VKD Stress um? Gebe ich mir das Gefühl, nicht gut genug zu sein? Strebe ich vielleicht immer nach Perfektion? Warum eigentlich? Welche Rollenerwartungen hat meine Ursprungsfamilie an mich? (Auch dort sollten Gespräche im Vorfeld der Elternschaft stattfinden, die destruktive Erwartungen ausräumen.) Wie stelle ich sicher, dass meine Eltern noch mich sehen und nicht nur mein Kind? Will ich das? Brauche ich das? Was passiert, wenn ich das nicht habe? Wie ist das für meine Eltern, die Tochter als Mutter oder den Sohn als Vater zu sehen? Welcher gesellschaftliche Bias oder auch Gender Bias beeinflusst mein Bild von mir als Mutter und/oder Vater? Was kann ich tun, um nicht auszubrennen? Wie können meine Netzwerke darin unterstützen? Welche Freiheit ge- stehe ich mir als Person zu? Das war jetzt eine Fragenlawine. Dennoch: Wer seine Hausaufgaben macht und sich viele dieser Fragen im Vorfeld stellt, wird ganz anders in seine Elternrolle wachsen. Viele Konflikte unter Paaren entstehen auch deshalb, weil sie (teils unbewusste) Rollenerwartungen mit in die Elternschaft bringen. Erst wenn diese Themen aktiv angesprochen wer- den (am besten eben schon, bevor das Kind da ist), entsteht eine Offenheit und ein Wissen um die Wer- te, Träume und Geschichte des Partners/der Partne- rin, welche die gemeinsame Elternschaft bereichern. Anschließend an den Impulsvortrag kam es zu einer Diskussion zwischen den anwesenden Dolmetscher:in- nen – darunter Mütter und Väter mit kleinen und gro- ßen Kindern, werdende Mütter und Kolleg:innen, die die lebensverändernde Entscheidung der Familien- planung noch vor sich haben. Einige wichtige Aspekte des Austausches sollen hier hervorgehoben werden. Diese basieren auf den Aussagen der anwesenden Teilnehmer:innen und sollen nicht als allgemeingültige Erkenntnisse verstanden werden: - Unser professionelles Umfeld wird von uns im Vergleich zu anderen Branchen eher konservativ und wenig familienfreundlich wahrgenommen. Freiberufler:innen haben mitunter das Gefühl, dass das Elternsein mit einem betrieblichen Alltag besser vereinbar wäre. Auch scheinen Konferenzdolmet- scherinnen oft selbst von sich zu verlangen, bis zur Geburt und bald wieder nach der Geburt voll im Einsatz zu sein. Dank Jacqueline erhalten wir in die- sem Zusammenhang die Möglichkeit, aus unserer KD-Bubble herauszukommen und stellen fest: In vielen anderen Branchen gelten Kinder bis heute als regelrechte Karrierekiller, nur ist die Diskussion oft anders gelagert (z. B. Führung in Teilzeit, Betreuungs- zeiten der Kinder, verschiedene Vollzeitmodelle etc.). - Es hat sich gezeigt, dass die gesamte Thematik in erster Linie von Frauen als belastend empfunden wird. - Einige Mütter berichteten, dass sie die Schwanger- schaft sowie später auch das Muttersein vor Kol- leg:in nen und Kund:in nen verheimlichten, um nicht den Verdacht zu erwecken, nun weniger leistungs- fähig zu sein und in Folge dessen Einkommensein- bußen in Kauf nehmen zu müssen. - Im Gegensatz dazu scheint es heutzutage immer mehr Mütter zu geben, die eine Schwangerschaft und ihre Elternrolle offen nach außen kommuni- zieren. Manche posten diesbezüglich Beiträge in den sozialen Medien in dem Bestreben, das The- ma zu „enttabuisieren“. - Die Gruppe kam zu dem Ergebnis, dass für viele der Mittelweg die beste Lösung sein könnte: We- der sollte sich eine werdende oder junge Mutter dazu verleitet fühlen, ihre Schwangerschaft und später – das gilt auch für Väter – das Elternsein zu verstecken. Das Thema offen zu zeigen und on- line darüber zu posten, muss aber auch nicht für jede:n der richtige Weg sein. - Besonders auffällig war, dass die Mehrheit der Teilnehmenden die Angst, als Eltern seltener ge- bucht zu werden, vor allem in Bezug auf Kolleg:in- nen und nicht auf Kund:in nen hatten. Wir von Süd 2 haben am Ende der Veranstaltung dazu aufgerufen, dieses Thema weiter in die Regio- nen zu tragen, es bei persönlichen Treffen anzuspre- chen und dranzubleiben. Es ist dermaßen komplex und mitunter heikel, dass eine Online-Sitzung nichts weiter sein kann als ein erster Schritt. Wir wünschen uns für unseren Berufsstand und alle Kolleg:innen auf dem Markt, die dieses Thema beschäftigt, Offen- heit, Verständnis und den Mut zu eigenen Entschei- dungen! Wir bedanken uns bei allen, die mitgewirkt haben, allen voran bei unserer hervorragenden Gastrednerin Jacqueline Klemke! Lisa Maria Bonsa und Justine Hoareau sued2@vkd.bdue.de Jacqueline Klemke info@klemke-services.de 8 VKD-KURIER DEZEMBER 2024